Das Beroflex 500mm – lang, aber skurril

Wir sparen uns heute einmal die Witze über die Länge. Die haben wir an anderer Stelle schon gemacht. Tatsache ist: Das Beroflex 500mm ist ein ziemlich langes Trumm, das gewiss nicht in jeden Fotorucksack kommt und schon gar nicht als „Immer-dabei“-Objektiv durchgeht. Denn die Anwendungsfälle für derartige Super-Teles sind doch eher gezählt. Dann aber taugt das Objektiv auch vierzig Jahre nach seinem Erscheinen. Insbesondere dann, wenn man den Preis in Betracht zieht…

Das Beroflex 500mm an der Sony Alpha

Inhalt

Regelmäßige Leser:innen des Zylinderblogs wissen: Wir haben eine Schwäche für alte, manuelle Objektive, die sich per Adapter sowohl an Profikameras (Sony Alpha, Leica) als auch an die Kameras ambitionierter Amateure (Canon, Nikon) nutzen lassen. Am grünen Monster, das eines Tages im Korb vor dem Geschäft des Fotohändlers unseres Vertrauens lag, konnten wir also nicht vorbeigehen. Es sah zu skurril aus. Abgesehen davon, dass das Objekt groß (!) und grün (!!) war – es sollte keine 40,- Euro kosten, und das für ein Super-Tele mit einer 500er Brennweite? Wer kann da schon nein sagen? Wir haben schon mehr Geld für schlechtere Objektive ausgegeben …

Beroflex 500mm: Geschichte und Aufbau

Das Beroflex 500mm f8 kam in den späten Siebzigern auf den Markt und wird seitdem unter verschiedenen Produktnamen vermarktet. Im Bilderforum findet sich eine ausführliche Darstellung des Objektives, seiner Geschichte und wie es zu seinem Namen „Wundertüte“ gekommen ist: Der Legende nach wurde es von einem Photojournalisten so bezeichnet, der von der Qualität der schon damals günstigen Linse erst überrascht und dann begeistert war. Das Objektiv wird bis heute produziert, unter anderem von Walimex, der Neupreis beträgt dann ca. 150,- Euro.

Das Beroflex 500mm misst in der vorliegenden Ausführung immerhin 38 Zentimeter (inkl. des T2-Adapters); eine Streulichtblende gibt es nicht. Die Blende kann mit dem Blendenring bis f32 geschlossen werden, die Tiefenschärfe nimmt naturgemäß zu, das Licht hingegen ab. Mit einem stufenlose verstellbaren Blendenring kann man nun die Blende wieder öffnen, und das stufenlos, um mit mehr Licht zu fokussieren. Vor dem Auslösen sollte man diese Hilfsblende dann logischerweise wieder schließen. Um das Handling zu erleichtern, kommt das Objektiv mit einer Stativschelle – eine gute Idee, die aber nicht alles retten kann – siehe unten.

Beroflex 500mm: Wie es sich arbeitet

Wenn es einen Moment gibt, in dem man den Erfinder des Focus-Peaking preist, dann der, in dem man versucht, mit dem Beroflex manuell zu fokussieren. Denn das und die Lupenfunktion etwa der Sony Alpha macht das Scharfstellen zwar nicht zu einem Kinderspiel, erleichtern das ganze aber ungemein. Dann gelingt es auch, aus einer Entfernung von zehn Metern –  das ist die Naheinstellgrenze – eine Preiserfigur (ca. 4cm hoch, Maßstab 1:87) einigermaßen scharf abzubilden – und das aus der Hand. Unten zu sehen das Original und ein Crop (bitte den Qualitätsverlist durch die Kompression berücksichtigen).

Mit dem Stativ, denkt man, sollte es leichter gehen, das stimmt aber nur zum Teil. Weil Kamera und Objektiv auch mit Batteriegriff immer noch eine relative leichte Angelegenheit sind, ist das Fokussieren am Stativ deutlich schwieriger als aus der Hand; allerdings verhindert der Selbstauslöser, dass man beim Auslösen aus Versehen eine Bewegungsunschärfe reinbringt.  

Beroflex 500mm: Was dabei rauskommt

 

Es gilt auch nach 40 Jahren das Urteil von damals: Das Beroflex 500mm ist, gemessen an seinem Alter, seiner einfachen Technik und insbesondere gemessen am Preis ein erstaunliches Objektiv. Sowohl die Pferde (oben) – gibt es langweiligere Motive? – als auch das Gebäude bei Tag und das Schaufenster bei Nacht (unten) sind aus der Hand fotografiert. Die Bilder kommen, wie so oft bei alten Objektive, etwas kontrastarm aus der Kamera, ein leichtes Zupfen in Lightroom o.ä. behebt das. Bei einer Offenblende von f8 kann man keine sicherlich keine. – Achtung, Unwort – Bokeh-Wunder erwarten, aber ganz ohne ist die Freistellung auch nicht. 

 

Beroflex 500mm: Was man damit machen kann

Was also macht man mit einem Super-Tele? Sicher, Viecher. Die sollten aber eher stillstehen, fressen oder schlafen. Wie Pferde. Den Geparden auf der Jagd wird man mit diesem Objektiv kaum scharf abbilden, die Überreste seiner Beute vielleicht schon. Die brütende Meise oder die leise vor sich hin tuckernde Ente werden sicherlich ebenfalls gehen. 

Dann ist da natürlich der Mond, den man auch ohne Stativ ganz hübsch abgebildet bekommt; dass man mit einem Telekonverter die Brennweite nochmals verdoppeln kann, ist klar. Den Begriff „Mond“ kann man natürlich jederzeit durch einen anderen, etwas entfernteren Gegenstand ersetzen,

beroflex mond

Was das Beroflex 500mm f8 zunächst nicht ist, wozu man es aber auch nutzen kann, sind Portraits. Klar, es bietet die fünffache Brennweite eines klassischen Portraitobjektives. Auf der anderen Seite – es soll Menschen geben, die gerne aus der Distanz arbeiten. Für die Anweisungen an das Model braucht man dann zwar ein Walkie-Talkie (Naheinstllgrenze: 10 Meter). Aber: Es geht, wie dieses Bild (f8, /500, aus der Hand) belegt.

beroflex NI

Das Beroflex 500mm: Fazit

Ist dieses Objektiv speziell? Auf jeden Fall. Kann man damit Street? Bedingt (hüstel). Braucht man es? Nein. Macht es Spaß? Aber sicher. 

Es ist sicherlich nicht jedermanns Sache, mit so einem Ding durch die Wildnis des Saarlandes zu streifen. Andererseits: Mit dem T2-Adapter hat das Objektiv weniger gekostet als ein Kinobesuch mit Kind und Cola. Wer mehr möchte, findet in den GM-Linsen von Sony oder der anderen Hersteller natürlich viel besseres – zu einem zigfachen des Preises, einem deutlichen Mehr an Gewicht, aber auch ohne die Gewissheit, dieses Glas dann häufiger einzusetzen. Darum –  wenn es einem gebraucht für unter 50,- begegnet: Mitnehmen. Man wird es ohne Wertverlust weiterverkaufen können. Was wir im übrigen nicht tun werden. 

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