War es Mut oder Leichtsinn? Weder noch. Wer keine Siemenssterne oder MFT-Tabellen bieten will, sondern nur testen möchte, ob ein Objektiv etwas taugt, setzt es am besten in einer Situation ein, für die es nicht geschaffen ist. So wie wir es mit dem Takumar 105mm f2.8 getan haben – eine Brennweite, die gerne als Porträt-Objektiv für den klassischen Headshot eingesetzt wird. Das haben wir zwar auch probiert, aber festgestellt: Die Einsatzmöglichkeiten des Takumar sind vielfältiger, und es spielt seine Stärken auf der Straße genauso aus wie im Studio. Beleg dafür sind nicht nur unsere Bilder, sondern auch die Arbeiten von William Mustafa, dem wir auch den Hinweis auf das Takumar verdanken.
Inhalt
Takumar 105mm f2.8 / Geschichte, Konstruktion, Preis
Wir wollen uns hier nicht mit fremden Federn schmücken. Auf dieser Website finden sich – hervorragend kuratiert und mit vielen Beispielbildern versehen, alle (oder jedenfalls: sehr viele) Takumars, über deren Geschichte man wiederum einiges bei Wikipedia findet. Details zur Konstruktion gibt es wie immer hier, und wer sich jetzt fragt, warum wir fast nur auf Seiten aus dem Ausland verlinken – der Glaubenskrieg um einzelne Pixel oder die richtige Aussprache von Bokeh, der in deutschen Foren mit Leidenschaft ausgefochten wird, hat uns nie interessiert, und wir wollen ihn auch unseren Leser*innen nicht zumuten.
Gebaut wurde das Takumar 105mm f2.8 seit 1958 in verschiedenen Ausführungen bis 1971, mit acht bzw. später sechs Lamellen, vier bzw. fünf Linsen in vier Gruppen sowie unterschiedlichen Vergütungen. Die minimale Distanz beträgt 120 cm, und das Gewicht liegt, je nach Bauart, zwischen 278 und 290 Gramm. Im Vergleich zum Sigma Art 105 1.4mm mit 1600 Gramm ist das Takumar ein Leichtgewicht, das – zurecht – in jeder Fototasche Platz finden kann. Der Preis sollte nicht oder nur knapp dreistellig sein, alles andere ist die Beutelschneiderei jener, die mit dem Hype um „tolles Altglas“ ihren Schnitt machen wollen.
Takumar 105mm f2.8 / Was kann es und was nicht?
Wir waren damit einen Tag in Italien unterwegs und haben zwei, drei kleine Orte unsicher gemacht. Das heißt: Schmale Gassen, stürzende Linien, nicht immer genug Platz für das Lauf-Zoom, das bei einer Festbrennweite – insbesondere bei einem 105 – immer wieder mal nötig wird. Und was sollen wir sagen: Es gibt fast alles, und das auch bei jedem Licht. Die Beispielbilder zeigen, dass das Takumar auch Details und Street kann, und das oftmals mit überzeugender Schärfe und Abbildungsqualität.
Fotografiert haben wir mit einer Sony Alpha 7/III, adaptiert wurde das M42-Glas mit einem K+F-Adapter, den es natürlich auch für den Amateur-Bereich (also Nikon und Canon) gibt. Das Fokussieren mit dem Focus Peaking der Alpha ist kein Problem, und wenn man die Schärfe auf irgendwas kurz vor Unendlich legt, ist man auch für spontane Bilder gerüstet. Mit etwas Zeit für Focus und richtige Blende kann man den Hintergrund dann auch dahin schieben, wo er hingehört, nämlich in den Hintergrund.
Takumar 105mm f2.8 / Fazit
Ganz ehrlich: Diese Linse haut einen – insbesondere angesichts ihres Alters – schlicht um. Sie ist ein unterschätztes Schätzchen. Mit etwas Übung gibt es fast nichts, was mit dem Glas nicht geht. Die Brennweite zwingt einen insbesondere auf der Straße dazu, die berühmte Meile extra zu gehen. Sie ist leicht, klein und wenn es etwas gibt, was nervt, dann ist es die lange Strecke, wenn es um das Fokussieren geht. Aber von 120 cm bis unendlich ist es halt nun mal ein bißchen weiter. Sicher, das absolut crazy mega Bokeh kann man nicht erwarten. Aber mal ehrlich – haben wir das nicht alle langsam ein bißchen über? Kurz gesagt: Wer sie zu einem günstigen Preis findet, sollte nicht lange zögern. Würden wir sie zu einem Auftrag mitnehmen. Das kommt freilich darauf an. Wenn der Kunde Geduld hat und Sinn für mögliche alternative Stile und Looks hat, dann ja. Für die Live-Reportage vom nächsten KISS-Konzert? Nein. Da braucht es anderes Besteck. Auch wenn die Jungs in die Jahre gekommen sind und wie das Takumar 105mm f2.8 nicht mehr die Fixesten sind. Aber grundsätzlich gilt: Für dieses Glas – und einige andere manuelle Objektive von „früher“ sollte in jeder Fototasche Platz sein.