Glaubt man den Entwicklern der Camp Snap Kamera, und es gibt keinen Grund, dies nicht zu tun, dann wollten sie, angeregt durch Erinnerungen und die eigenen Kinder, eine Kamera (wieder)entwickeln, die Flair und Begrenzungen analoger Einwegkameras einfängt und in die Gegenwart transformiert – mit allen damit verbundenen Vor- und Nachteilen. Was dabei herausgekommen ist, wie sich die Kamera anfühlt, und vor allen Dingen, was sie kann, lesen Sie hier.
Inhalt
Erstmal das hier
Nicht nur der Name, auch das Logo der Camp Snap Camera spielt darauf an: Die Summer Camps, in den Staaten oftmals Tradition. Die Erinnerungen daran waren wohl die Motivation, eine kleine, leichte, unkaputtbare und unkomplizierte Kamera zu entwickeln. Sie sollte nicht nur so aussehen wie eine billige Analogkamera aus den siebziger und achtziger Jahren, sie sollte auch so bedienungssicher sein. Und zumindest auf den ersten Blick und nach dem ersten Bild ist die Mission gelungen.
Die Technik in der Camp Snap Kamera
Viel ist nicht dran an dem Ding. Und auch bei längerem Hinsehen wird es nicht mehr: Ein Auslöser, der grün leuchtet, wenn die Kamera in Betrieb ist, ein Sucher, ein Objektiv, ein kleiner Lautsprecher (für das Geräusch des Auslösers), ein kleiner Blitz (der defacto aus LEDs besteht und in der Praxis eher ein kurzes Dauerlicht als einen Blitz abgibt), ein USB-C-Anschluss sowie einen Slot für eine Mini-SD-Card (ab Werk 4 GB, das reicht für ca. 2.000 Bilder) und ein kleiner digitaler Zähler auf der Rückseite, der die Zahl der gespeicherten Bilder anzeigt.
Das wars. Weitere Regler gibt es nicht, einzig der Blitz kann auf Aus/An/Automatisch gestellt werden. In der Camera selbst arbeitet ein ein 8-Megapixel-Chip. Das entspricht dem Chip, den Apple im iPhone verbaut – wohlgemerkt im iPhone 5, und das ist mittlerweile 13 Jahre alt. Zeitgemäß ist, wenn es um Pixelpeeping geht, was anderes.
Was freilich allerdings unbeantwortet bleibt – auch auf der Website des Herstellers – ist die Frage nach der Brennweite und der Blende der verbauten Linse. Da gibt es keine Informationen; unsere Schätzungen: Irgendwas um 40 – 50mm bei f6,5 – f8. Aber wie gesagt, das sind Vermutungen, die nix ändern, denn einstellen lässt sich an dieser Kamera wie gesagt nichts.
Immerhin, trotz der spartanischen Ausstattung kann die Software geupdatet werden, indem man via USB und Rechner entsprechende Softwarepakete auf die USB-Karte in der Kamera kopiert und die Kamera dann neu gestartet wird. Zwei gibt es momentan (Stand: Dezember 2023), eines davon reduziert die nervige Lautstärke des simulierten Auslösers, das zweite macht aus der Farbkamera eine s/w-Kamera, warum auch immer. Über die Updates informiert der Hersteller übrigens auf seiner Instagram-Seite (inkl. Anleitung)
Die Bildqualität
Ja, die Bilder, die auf der Website des Herstellers gezeigt werden, sind teilweise schön und hip, bieten eine attraktive Mischung aus Magazin und Retro, wirken ein wenig wie Lomo auf Steroiden.
Aber sehen wir ehrlich: Damit solche Bilder gelingen, muss man wissen, was man tut, und wo man es tut. Der Camp Snap sind die Fehler des Menschen hinter ihr herzlich egal, denn sie macht selbst genug davon:
- Der Weißabgleich ist oftmals zum Davonlaufen,
- die Kamera ist alles andere als farbecht,
- der Kontrastumfang ist freundlich formuliert, niedrig
- wenn es auch nur einen Tick zu hell ist, reißt die Helligkeit aus,
- ist es zu dunkel, sieht man nur noch wenig bzw. wird es plötzlich arg körnig
- der Blitz neigt dazu, Motive entweder totzublitzen (auf geringe Distanz) oder nicht auszuleuchten (falls zu weit weg).
Wenn man das in Kauf nimmt, und ja, das ist eine MENGE, und Übung mit der Camp Snap hat, können Bilder entstehen, die durchaus brauchbar sind – eben genau deswegen, weil sie im Vergleich mit aktuellen Kamera veraltet, vintage, unfertig und und und aussehen. Muß man dafür 67 $ ausgeben? Oder kann man das nicht auch mit einem Handy und beispielsweise Hipstamatic erreichen? Kann man. Dann vergibt man sich aber die Chance, auch einmal andere zu fotografieren.
Camp Snap Kamera - die Vorteile
Die sind schnell aufgezählt. Oder doch nicht? Denn wenn man von einer DSLR oder auch nur einem aktuellen Handy herkommen, mag sich die Suche nach den Vorteilen dieser Kamera langwierig und schwierig erscheinen. Dabei sind sie ganz einfach aufgezählt:
- Die Kamera nimmt niemand ernst.
In der Folge erlebt man deutlich seltener die Reaktion, die einem sonst häufig begegnet: „ Sie haben mir ins Gesicht gefilmt!“ Das sagt bei dieser Kamera kaum jemand. Die Reaktionen sind entsprechend entspannter, zum Teil sogar deutlich fröhlicher. Ein unbestreitbarer Vorteil, wenn es um Street Photography geht.
- Die Kamera ist so leicht, dass man sie kaum spürt. Und empfindlich ist sie auch nicht.
Sie nervt nicht in der Jacken- oder Hosentasche, kein Wunder, sie wiegt ja auch nichts. Und nachdem sie aus wenig mehr als einem Chip, einem Sensor und einer Plastikhülle besteht, ist sie auch alles andere als empfindlich. Aus dem Fenster des dritten Stockes würde ich sie nicht werfen, einen Sturz aus einem Meter auf einen Steinboden dürfte sie hingegen überstehen. Auch der Hersteller wirbt mit „Bump Proof“. Im Gegensatz zu einem iPhone welcher Generation auch immer.
- Sie verändert das Fotografieren
Das nun dürfte die wenigsten überraschen; die Camp Snap Camera hat einen ähnlichen Effekt wie das Fotografieren mit alten analogen Objektiven, verstärkt diesen in gewissem Sinne sogar. Wo alte Objektive den Fotografen oder die Fotografin zwingen, sich mehr Zeit zu lassen, bis der Auslöser gedrückt wird, zögert die Camp Snap Camera den Blick auf das Ergebnis hinaus. Sie sieht nicht nur aus wie eine alte Agfa-Wegwerfkamera, sie versperrt sich auch dem sofortigen Zugang zum fertigen Bild.
Diesen Effekt kann man jedoch auch andersherum lesen. Die Tatsache, dass ich eben NICHT jedes gemachte Bild unmittelbar überprüfen und ggf. korrigieren kann, wie es bei Kameras mit Display bzw. einem Handy möglich ist, verhindert, dass ich mich nach dem Fotografieren aus dem Moment zurückziehe. Ich werde eben nicht weiter abgelenkt. Das Bild ist gemacht, das Leben geht weiter und das Ergebnis sehen wir uns später an.
Die minimalste Leistung, die dafür wiederum erbracht werden muss, ist das Verbinden der Camp Snap Camera mit einem Tablet via USB, um so die Bilder überprüfen zu können. Im Sinne der Entwickler dürfte es aber eher sein, bis zum Rechner zu Hause damit zu warten.
Camp Snap Camera - die Nachteile
Achtung: Die nun folgenden Bulletpoints mögen Ihnen bekannt vorkommen, falls nicht, scrollen Sie noch einmal nach oben und sehen Sie sich die Vorteile an. Die Nachteile jedenfalls sind ganz einfach aufgezählt:
- Die Kamera nimmt niemand ernst.
Es ist schwer vorstellbar, unvorbereitet im professionellen Kontext mit der Camp Snap Camera zu arbeiten. Ausgeschlossen ist es – will man entsprechende Ergebnisse – freilich nicht. Einzig: Den Kunden sollte man darauf vorbereiten, was gleich passieren wird. Nämlich kaum etwas.
- Die Kamera ist so leicht, dass man sie kaum spürt
Hier zeigt sich ein Effekt, den wir auch schon bei der Panasonic beobachtet haben. Die Kamera ist so leicht, dass man nahezu automatisch verreisst. Mit anderen Worten: Auch wenn es angesichts der Größe albern aussieht: Nehmen Sie sie in beide Hände. Und wenn wir uns etwas wünschen dürfen: Beim nächsten Modell wäre eine Öse für eine Handschlaufe oder ähnliches sinnvoll. Und ja, weil sie leicht ist, vergisst man manchmal, dass man sie dabei hat. In der Folge kommt sie – aus Versehen – nicht zum Einsatz. Auch doof.
Sie verändert das Fotografieren
Die bedeutet: Man kann eben nicht nachsehen, was man eben fotografiert hat, und es notfalls nochmal besser machen. Und es ist auch nicht ohne weiteres möglich, das Bild sofort auf SociaMedia zu posten (so man so etwas tut).
- Sie ist keine Spiegelreflex
Ja, das ist eine Binse. Hinweisen wollen wir dennoch darauf: Wer nicht aufpasst, hat den Finger (oder auch nur einen Teil davon) im Bild.
Was bleibt: Die Camp Snap Camera - Fazit
Ob Kinder mit dieser Kamera glücklich werden, die in der Regel eben doch ein Display und die sofortige Erfolgskontrolle samt Weiterverbreitung via SocialMedia gewohnt sind, wagen wir zu bezweifeln. Profis wiederum, die sich auf die eigentümlich Qualität der Kamera nicht einlassen können und die Bilder hinterher stundenlang in Lightroom bearbeiten, haben möglicherweise die Idee nicht verstanden. Ob sie unter diesen Voraussetzungen mehr ist als ein Spielzeug für Hipster oder die Gen Z, wird sich zeigen müssen. Auch hier ist diese Frage noch nicht endgültig entschieden.