Nichts hört eine Agentur lieber als den Satz: „Wir müssen unsere Seite neu machen – können Sie uns helfen?“ Klar kann die Agentur. Mit Freuden, denn das bringt Umsatz,
Die Frage ist nur: Muss sie eigentlich machen? Braucht es wirklich den Relaunch, oder reicht auch ein Redesign ohne allzu große Eingriffe in das laufen System? Hier die zwei Cent der Blauen Maschine zum Thema, erklärt am Beispiel der eigenen Seite.
Inhalt
Relaunch und Redesign: Was ist der Unterschied?
Da kann man lange Debatten führen, und um das zu vermeiden, legen wir für diesen Beitrag einfach mal eine Definition fest:
Der Relaunch ist der Neustart einer Seite. Alles neu. Ob im September oder im Mai. Der Auftritt wird von Grund auf neu aufgesetzt. Alte Bilder? Weg damit. Alte Texte? Waren schon immer doof, also bitte neu schreiben. Navigationsstruktur? Nicht mal der Online-Redakteur kennt sich damit aus, geschweige denn der Kunde oder die Kundin.
Und wenn dann noch eine Veränderung im Erscheinungsbild oder der Wechsel des Redaktionssystems dazu kommt, lautet die Entscheidung in der Regel: Weg mit der alten Seite, her mit einer neuen. Überstunden und Budgeüberschreitung ahoi.
Ein Redesign will ähnliche Probleme lösen – geschieht aber nicht durch die Programmierung einer komplett neuen Seite, sondern arbeitet im Laufenden Abtrieb. Eine Sanierung im Bestand. Und wenn alles gut geht, hat auch diese Seite ihr Gesicht verändert, stimmen Text, Gestaltung und Navigation wieder – ohne bei Null anzufangen. Und das zu deutlich geringeren Kosten. Was andere Agenturen nicht gerne hören werden.
Startseite alt: Dunkel und drückend.
Startseite neu: Nicht dunkel und drückend.
Redesign am praktischen Beispiel
Nach gut zwei Jahren schien unsere bisherige Seite nicht mehr so ganz zu passen. Ohne genau sagen zu können, was es genau war. Vieles war nach wie vor richtig. Aber nach dem längeren Livebetrieb fielen dann doch Schwächen auf:
- Die Schrift (Lato) war auf hochauflösenden Monitoren und mobilen Geräten gut lesbar. Auf normalen LCD-Monitoren mit einer normalen Auflösung wirkte sie pixelig und unsauber. Also: Weg damit.
- Die Bilder, insbesondere in den Header, waren auf Dauer doch zu düster und drückend.
- Gleiches galt für den Spider auf der Startseite
- Und schließlich war da der zweispaltige Satz, der aus der Zeit gefallen schien.
- Und dann noch ein letztes: Der Zylinderblog stand fröhlich Weiß auf Schwarz. Was haben wir uns eigentlich dabei gedacht? Leser:innenfreundlich ist das nicht, entsprechend schlechte Noten gab uns Google in Sachen Accessability.
Jede Menge Gründe, die Seite anzufassen. Ein Blick auf die Wunschliste zeigt allerdings: Ein Relaunch ist nicht notwendig; die Seite kann sogar im laufenden Betrieb und Stück für Stück umgesetzt werden.
Warum kein Relaunch
Die Weisheit der späten Neunziger- und frühen Nullerjahre, mit einem Relaunch vorsichtig zu sein, weil sich wiederkehrende Besucher nicht mehr zurechtfänden, war schon damals ein frommer Wunsch, der höchstens für zugriffsstarke Online-Shops und -Magazine galt und gilt.
Es sind andere Gründe, die gegen einen kompletten Neustart sprechen können. Einige in Auswahl:
- Der Ressourcenaufwand ist enorm.
- Wenn man nicht aufpasst, generiert man jede Menge interne wie externe 404-Seiten: Fehlermeldungen wegen nicht gefundener Seiten, was sowohl Besucher:innen als auch Google nervt.
- Der sogenannte „Linkjuice“ („Linksaft“ – nicht wundern, das ist SEO-Sprech) geht verloren: Links, die bislang zu Ihrer Seite führten, gehen verloren. Sie tragen jedoch maßgeblich zu den Google-Rankings bei.
Resdesign im laufenden Betrieb: Wie geht das?
Eine Seite im Live-Betrieb umzustellen, kann funktionieren. Wenn man strukturiert vorgeht und die richtige Reihenfolge beachtet, spart man sich das berüchtigte „Under Construction“-Schildchen auf der eigenen Homepage.
Das Vorgehen ist – eigentlich – recht einfach: Die Seite wird in die zu verändernden Bereiche zerlegt und diese nacheinander abgearbeitet. In unserem Fall:
- Umstellung der Schriften
- Austausch der Headerbilder
- Anpassung des Zylinderblogs und seiner Optik
- Auch die zahlreichen Serviceseiten wie Impressum, Newsletter-Verwaltung etc. lassen sich – auch aufgrund der geringen Besucherfrequenz leicht umstellen, ohne dass dies zu Irritationen führt.
Der nächste Schritt ist die Anpassung der eigentlichen Inhaltsseiten. Nicht weiter schlimm, denn Header-Bilder und Schriften sind dann bereits auf dem aktuellen Stand. Und wenn der Bruch zwischen Alt und Neu nicht zu radikal ausfällt, kann man auch dies in aller Ruhe und Stück für Stück machen. Und bei der Gelegenheit auch die Unsauberkeiten ausbessern, die sich im Laufe der Jahre auf jeder Seite einschleichen: Ungültige Links, fehlende ALT-Texte etc. Die Startseite, die Eintrittstür zur Website, ist – abgesehen von den Schriften – zu diesem Zeitpunkt immer noch nahezu unverändert.
Sie wurde schließlich dupliziert und ebenfalls aktualisiert. Dies war und ist der aufwändigste Prozess, denn spätestens jetzt wird sichtbar, ob man die Designentscheidungen, die man für die anderen Seiten getroffen hat, auch auf der Startseite funktionieren oder nicht. Wenn nicht, muss man „innen“ nochmals ran. Das kann das Projekt freilich in die Länge ziehen, in der Regel handelt es aber nur noch um kleinere „Tweaks“ – ein Zupfen hier, ein Schräubchen da. Und an denen wird später eh noch häufig genug gedreht…
Redesign oder Relaunch - Fazit
Ja, es gibt gute Gründe für einen Relaunch, aber der Wunsch nach Umsatz für die Agentur sollte keiner sein – auch wenn die Kollegen dies jetzt nicht gerne hören werden. Massive CD-Veränderungen oder der Tausch des CMS (etwa, weil Typo3 doch zu mächtig und zu kompliziert ist) schon eher. In vielen Fällen reicht aber vielleicht auch das Redesign. Es ist aufwändig genug – doch am Ende steht eine neue Seite, ohne unnötig viel Geld ausgegeben zu haben.